Dass Statistiken immer auch Annäherungswerte und angepasste Rechenkomponenten enthalten, ist eben so – sonst lassen sich Statistiken nicht berechnen. Dass man auf diese „Anpassungen“ hinweist, ist dann schon leider nicht mehr immer gegeben. Sonst müsste man ja bei viel mehr Studien zu dem Schluss kommen, dass sie nix gebracht haben – und wer behauptet das schon von sich, wo alle ja ach so wichtig sind. Wer stellt sich hin und sagt: ich hatte da was vor, musste aber feststellen, dass das so nicht geht oder nichts bringt? Nein, in jedem Fall muss ja immer was Tolles bei rum kommen; gerade, wenn entsprechend Geld dafür ausgegeben wurde.
Ganz ungut wird es dann aber, wenn man weiß, dass man mit falschen Erkenntnissen arbeitet und diese dann ganz bewusst für andere Zwecke einsetzt. Ein schönes Beispiel hierfür ist der Umgang mit der „Mittelschicht“ unserer Gesellschaft hinsichtlich des Vermögens.
Aktuelle Vermögensverteilungsstudien (die sogar auf ihre Fehler in der Studie hinweisen) zeigen, dass die Vermögensverteilung um einiges anders aussieht als bisher dargestellt.
Bisher sollte nämlich das Vermögen eingermaßen gleichmäßig verteilt sein und sich hauptsächlich in der sogenannten Mittelschicht befinden.
Wir reden also alle von der tollen Mittelschicht, doch wer soll das eigentlich genau sein? Fragt man die Leute selbst, so zählen sich fast alle zur Mittelschicht. Es klingt ja auch nett. Ich bin da in einer Mitte dabei und lebe schön mittig integriert vor mich hin. Kaum jemand aus dem unteren Einkommensbereich sagt freiwillig: ich bin weit entfernt von der Mittelschicht und komme da auch niemals hin; egal, wieviel ich arbeite, weil mein Job so schlecht bezahlt ist. Nein, im Gegenteil heißt es eher: eigentlich gehöre ich zur Mittelschicht und es läuft vielleicht gerade nicht ganz so gut. Aber das wird ja alles noch… dann… irgendwann…
Und die Reichen? Die stapeln mit ihrem Vermögen dann eher nach unten und gehören nach eigener Einschätzung häufig auch noch zur Mitte; halt eher ein bisschen weiter in Richtung oben.
Schaut man sich aber – so realistisch, wie es eben möglich ist – die tatsächliche Vermögensverteilung einmal an, so sind wir viel weiter im Extremkapitalismus angelangt als es dargestellt wird. Meint: viel weniger Personen haben viel mehr Vermögen als bisher zugrunde gelegt. Und dabei wird bei den Berechnungen bei einem angenommenen Privatvermögen von einer Milliarde Euro als Obergrenze gestoppt (um die Werte nicht zu sehr zu verziehen). Das bedeutet aber, es gibt Leute, die durchaus höheres Privatvermögen haben. Die geben das aber sowieso nicht an und müssen das auch gar nicht. Hallo? Da regen wir uns ausgiebig über die ganze NSA-Sache auf. Vielleicht könnte man ja darüber wenigstens mal rausfinden, wer welches Geld hat..?
Wir haben also eine andere Vermögensverteilung als bisher angenommen. Damit sollte dann doch klar werden, dass unser Steuersystem also nicht passend zu der tatsächlichen Vermögensverteilung angelegt ist. Die Mittelschicht ist nämlich gar nicht die Mittelschicht und müsste entsprechend der Vermögensverteilung erst einmal konkret definiert werden. So kann das folglich mit den Steuern auch nicht klappen. Wer mit falschen Zahlen rechnet, kann nicht zum richtigen Ergebnis kommen. Das lernt man recht schell im Matheunterricht und ist auch kein Geheimnis.
Im Grunde sollte es kein Problem darstellen, eine entsprechende Vermögenssteuer einzurichten. Jemand, der mehr als eine Milliarde Euro Privatvermögen hat, sollte doch in der Lage sein, mal ein paar Millionen ohne Gegenerwartung zu zahlen, um die eine oder andere Kommune zu sanieren. Aber seltsamerweise nehmen Geiz und Knauserigkeit mit wachsendem Reichtum zu…
Und da ja alle irgendwie zur Mittelschicht gehören wollen, lehnt sich leider auch kaum jemand dagegen auf. Die Mittelschicht regelt das schon und da bin ich ja dabei. Dabei? Dabei werden doch bei einer solchen Vermögensverteilung die meisten Dinge sowieso ganz anders geregelt…