Der Tag begann wie alle in dieser Zeit. Übermüdung, der niemals endende Hinweis auf mein Nichtfrühstücken im Morgengrauen, verschlafene Wehr gegen den Alltag und doch im Schulbus. Längst an der Grenze des auffallenden Fehlens im Unterricht fordert leider die Entscheidung zur Teilnahme. Vor Beginn wie gewöhnlich noch ein Besuch im Schülercafe´, um mit Freunden auf der alten Couchgarnitur die letzten gemütlichen Minuten zu genießen.
Doch schon vor der Tür höre ich Klänge, wie es sie noch nie gab. Neue Harmonien und Zusammensetzungen, angenehme Irritation mit Faszination. Wachheit, Alltag ist vergessen.
Ich gehe in das selbstverwaltete Café mit den alten Möbeln und dem angenehmen Durcheinander ohne Chaos. Etwas Neues und doch so Vertrautes. Es hört und fühlt sich an, als schließen sich mit jedem Ton lauter Fragmente, die einzeln vor sich hintrieben. Zu einer neuen Formation der Harmonie. Momente, in denen du fühlst, dass etwas außergewöhnliches geschieht, was dein Leben nachhaltig beeinflusst und das in dir hervor ruft, was du bist. Die Wahrnehmung erhält neue Komponenten.
Kurt Cobain ist da. Aus dem Nichts tritt er mit einer einbrennenden Intensität in meine Welt. Die anderen in dem Café sind sichtlich empört und diskutieren diese Musik. Viele werten sie ab, erkennen nur die Rohheit und können mit vermeintlicher Monotonie nichts anfangen. Einige wenige sind positiv erstaunt und ich bin erst einmal überfordert von diesen Eindrücken. Kann ich nicht erfassen, was ich hier höre. Solch eine schöne Vielfalt der Widersprüche. In den Extremen eine bisweilen schmerzlich direkte Wahrheit mit ausschließlich tiefen Emotionen. Aber selbst das Schreien ist nicht von der Sanftheit befreit. Diese Musik ist keine Unterhaltung, sondern um vieles mehr. Tauche ein und sie lässt dich Zeit und Raum vergessen.
Vermutlich bin ich an diesem Morgen einfach in dem Café sitzen geblieben, in die verschlissene Couch gelehnt und habe Kurt Cobain zugehört. Seitdem hat das Entdecken in seiner Musik nicht geendet.